Zwischenzeiten – Zwischenzeilen
Ehe ich etwas zum Inhalt der Schreibwerkstatt „Zwischenzeiten – Zwischenzeilen“ schreibe, will ich erzählen, wie es zu diesem Projekt kam.
Constance Krüger ist seit dem Frühjahr 2021 Kulturkoordinatorin. Sie vernetzt die Europa-Universität Viadrina und die Stadt Frankfurt (Oder). In dieser Funktion sprach sie mich an, ob ich eine Schreibwerkstatt mit Frankfurterinnen und Frankfurtern und Studierenden der EUV machen würde. Sie machte mich mit Michaela Nasoetion und Alina Inserra von der Künstlerinnengruppe Endmoräne bekannt. Diese Gruppe hat in diesem Jahr im ehemaligen Lichtspieltheater der Jugend in Frankfurt (Oder) eine Kunstausstellung initiiert und Michaela und Alina wollten ein partizipatives Projekt mit Frankfurterinnen und Frankfurtern durchführen. Fotos aus dem alten Kino sollten mit Texten kombiniert werden.
Solche Glücksfälle gibt es nicht so oft. Deshalb sagte ich gleich zu.
Auch Ines, Uta B.-F., Lothar, Ilona, Diana, Uta B. aus meiner Frankfurter Schreibwerkstatt „Sankt Spiritus“ waren sofort begeistert. Constance warb weitere Teilnehmer, auch Studierende.
Wir hatten dann vier Treffen. Beim ersten Mal lernten wir uns kennen und beschäftigten uns mit kleinen literarischen Formen wie Haiku, Rondel, Kürzestgeschichte (nicht mehr als 5 Sätze), Postkarte. Ausgestattet mit diesen handwerklichen Fähigkeiten besichtigten wir das Kino. Es ist ein Lost Place, steht seit Jahren leer, verstaubt und wird immer wieder mit Graffiti verziert. Die Farbe blättert ab, das Parkett hat Lücken, es riecht muffig und Vögel haben auf manchem Sims ihre Nester gebaut. Hier schickte ich, nach einem kurzen Rundgang zur Orientierung, alle Teilnehmenden mit der Sinnesübung in die Räume: Konzentriere dich nacheinander für jeweils fünf Minuten auf jeden deiner fünf Sinne: Sehen, Hören, Riechen, Tasten, Schmecken. Mache dir wenige Notizen. Aus diesen Notizen entstand dann ein kurzer Text. Beim dritten Treffen standen uns die Fotos zur Verfügung, die Michaela und Alina im Kino gemacht hatten. Wir wählten Motive aus und schrieben dazu. Die Texte wurden dann zu Hause überarbeitet und zum vierten und letzten Treffen mitgebracht. Diesen Termin nutzen wir, um an den Texten zu arbeiten und die besten auszuwählen. Dann bekamen die Künstlerinnen unsere Texte in die Hand. Die meisten Texte hatten wir schon einem Bild zugeordnet, bei einigen stellten wir es den beiden frei, zu welchem Bild sie den Text stellen.
Am Tag der Ausstellungseröffnung hingen dann von jedem Teilnehmenden zwei Texte an einer großen Wand zusammen mit den Bildern und wir standen davor und konnten uns nicht satt sehen. wir zeigten unseren Freunden und Familien das Ergebnis der Werkstätten und lauschten, was die Besucher zu diesem Kunstwerk sagten. Natürlich streiften wir durch alle Räume des alten Kinos, die sich unter den Händen der Künstlerinnen wunderbar verändert hatten.
Das Ergebnis von „Zwischenzeiten-Zwischenzeilen“ kann man hier sehen: endmoräne/zwischenzeiten-zwischenzeilen
Über die Ausstellung im alten Kino drehte der rbb eine Reportage „Neue Kunst im Alten Kino„, die noch bis zum 15.07.2023 in der Mediathek zu finden ist.
Ich bedanke mich herzlich bei allen, die dieses Projekt möglich gemacht haben.