Sachsenhausen
Am Wochenende hat die Schreibwerkstatt für Jugendliche in der Gedenkstätte Sachsenhausen stattgefunden. Die Teilnehmer waren zwischen 14 und 22 Jahre alt. Wir hatten vorab eine Führung auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers gebucht. Anna Milarch erzählte uns viel über die Rolle von Kunst und Musik im Lager. Wir schrieben Texte, die sich vor allem mit unserer Sicht auf das Lager und die Gedenkstätte beschäftigen. Außerdem diskutierten wir darüber, wie wir uns heute schreibend diesem Ort und seiner Vergangenheit nähern können. Ist es möglich, sich in die Menschen hinein zu versetzten, die hier inhaftiert waren? Was berührt uns emotional und wann rücken unsere Gefühle in den Hintergrund? Die Emotionen können einen überfallen, sie können aber auch ausbleiben.
Ich brauche selbst noch ein wenig Zeit, um über dieses Wochenende nachzudenken. Es war nicht meine erste Schreibwerkstatt in Sachsenhausen, aber es war wieder eine andere, neue Erfahrung. Anders auch als die Werkstätten in Auschwitz und Ravensbrück, anders als der Kurs für das pädagogische Personal in Dachau. Es fiel mir diesmal ungewöhnlich schwer, meine Gedanken in eine literarische Form zu bringen. Schließlich habe ich einige Tagebuchseiten verfasst. So konnte ich schnell viele Eindrücke und Fakten in Worte fassen und meine Gedanken ordnen.
Mit einem anderen künstlerischen Mittel, der Zeichnung, hat Jan sich beschäftigt und uns damit wieder andere Impulse gegeben. Das und der Film »Die Fälscher« gaben auch Stoff zur Diskussion über die Ausdrucksmöglichkeiten der verschiedenen Künste.
Seit meinem letzten Besuch hat sich die Gedenkstätte wieder ein wenig verändert. Das Offizierskasino wurde rekonstruiert und die Plätze, an denen die Blöcke/Baracken standen, sind nun durch mit Schotter ausgefüllte Rechtecke in der Größe der einstigen Fundamente gekennzeichnet. Aber auch „alte Bekannte“ sind mir begegnet: Das Schild mit der Aufschrift »Neutrale Zone«, Touristen, die alles fotografieren müssen und die Glasfliesen auf dem Fußboden in der Krankenstation, die den originalen Boden schützen und mir immer ein Gefühl von Unsicherheit geben. Auch im Jugendgästehaus »Andrzej Szczypiorski«, in dem wir untergebracht waren und geschrieben haben, habe ich mich gleich wieder zurecht gefunden und heimisch gefühlt.